Gesetz gegen den Klimawandel: Joe Biden gelingt der erste wirkliche Erfolg

2023-02-22 18:39:07 By : Ms. Angela Ni

Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser,

er ist nicht mehr epochal, aber doch so bedeutend, dass US-Präsident Joe Biden ihn „historisch“ nennt: sein Gesetzesentwurf für Klimaschutz und Soziales. Monatelang zerstritt sich Bidens Demokratische Partei über die Causa, der eigene Senator Joe Manchin musste mit immer neuen Kompromissen kalmiert werden. Gestern passierte das im Vergleich zur Urfassung stark verwässerte Gesetz den US-Senat, mit der entscheidenden Stimme für die einfache Mehrheit von Vizepräsidentin Kamala Harris. Die Zustimmung am Freitag im demokratisch beherrschten Repräsentantenhaus gilt als sicher.

Bidens Strategen betonen, die wichtigsten Elemente seien erhalten geblieben: weniger Kosten für verschreibungspflichtige Medikamente, Kampf gegen den Klimawandel, Schließung von Steuerschlupflöchern und 300 Milliarden US-Dollar für den Schuldenabbau. Der Präsident hat einen ersten wirklichen Erfolg, die Erfolgsstimmung muss noch kommen.

Sein alter und womöglich neuer Kontrahent Donald Trump peitschte unterdessen am Wochenende in Dallas die versammelten Ultra-Konservativen auf einem Kongress in einen Weltverschwörungsrausch. Es ging in der Zweistunden-Rede um Krieg und die neue Weltordnung, Inflation, Drogen, den angeblichen Wahlbetrug sowie Genderschmäh: „Wir sind eine Nation, die es Männern erlaubt, in Frauenmannschaften Sport zu treiben, um sie zu dominieren.“ Die Leute lachten lange in Dallas, aber mit „lachen“ hat auch das Wort „lächerlich“ zu tun.

Wenn wir wirtschaftlich in der besten aller Welten leben würden, von der Optimismus-Philosoph Gottfried Wilhelm Leibniz so schön erzählte, dann würden unsere Börsenkonzerne folgendes tun: mit dem Geld der Aktionäre investieren, Produkte erfinden, Prozesse verbessern, forschen, die Mitarbeiter gut behandeln. Doch die Realität ist nicht Leibniz, die Realität ist Dagobert Duck, also ein Geldspeicherkapitalismus. Noch nie haben börsennotierte Firmen so viel Geld in die Hand genommen, um eigene Aktien zurückzukaufen.

Das steigert den Gewinn pro Aktie und den Kurs. In den USA wollen allein die Konzerne im S&P-500-Index rund 985 Milliarden Dollar (plus 11,7 Prozent) in eigene Wertpapiere stecken. Was Apple mit Rückkäufen im Wert von 92 Milliarden Dollar exzessiv vormacht, kopieren hierzulande Adidas, Linde und BASF, wie unsere Titelgeschichte zeigt. Der Fantasielosigkeit sind im Management keine Grenzen gesetzt.

Johannes Kahrs war, unter den Linken ein Rechter, jahrelang Strippenzieher der SPD. Vor allem als Chef des konservativen „Seeheimer Kreises“, der einen gewissen Olaf Scholz als Galionsfigur hat. Nun wird es für den langjährigen Bundestagsabgeordneten in der Cum-Ex-Affäre um unrechtmäßige Steuerrückerstattungen für reiche Investoren ziemlich eng. Bei Kahrs, der sich in Sachen Cum Ex sehr für die hanseatische Warburg-Bank (einen SPD-Spender) eingesetzt hatte, wurden vor einiger Zeit 214.800 Euro im Bankschließfach gefunden. Das kam jetzt heraus.

Ihm fehle „die Fantasie, dass es dafür eine rechtlich saubere Begründung gibt“, sagt selbst Kahrs' Parteifreund Erik von Malottki, der im Bundestag sitzt. „Das Schließfach ist Sprengstoff für den Bundeskanzler“, erklärt auch der Linken-Politiker Fabio de Masi. Scholz, einst Hamburgs Erster Bürgermeister, hatte mit den Warburg-Eignern über drohende Steuernachforderungen geredet – und muss am 19. August zum zweiten Mal im Cum-Ex-Untersuchungsausschuss auftreten. Hat er wieder große Erinnerungslücken, ist das auch eine Botschaft.

In einer ruhigen Minute hätte sich Patricia Schlesinger, 61, fragen können, was gut zu einem öffentlich-rechtlichen Rundfunk passt, der dem Gemeinsinn (nicht dem gemeinen Erwerbssinn) verpflichtet ist. In der ARD absolut unübliche fünfstellige Jahresboni, die im offiziellen Gehalt der Intendantin (gut 300.000 Euro) und ihrer Top-Führungskräfte gar nicht auftauchen? Umbau der eigenen Büroetage für projektierte 658.112,25 Euro, vorgeöltes Zwei-Schicht-Parkett und Massagesessel inklusive? Häusliche Soirées mit salonsicheren Gästen aus Kultur und Gesellschaft auf Senderkosten? Luxusdienstwagen mit Rabatt? Beraternetzwerke, die an Vetternwirtschaft erinnern?

Patricia Schlesinger fragte sich das nach entsprechenden Journalistenanfragen nicht. Sie tritt sofort als Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) zurück, nicht ohne den Hinweis auf „persönliche Anwürfe und Diffamierungen“. Der Verzicht auf Fortsetzung des Dienstverhältnisses erfolge gemäß der „vertraglichen Regelung unter Beachtung einer Ankündigungsfrist von sechs Monaten zum Monatsschluss mit Wirkung zum 28. Februar 2023“, zitiert „Bild“ aus einem internen Schlesinger-Schreiben. Sie sei auch bereit, bei einem „vertragsmäßigen Verzicht“, diese Frist zu verkürzen. In einer solchen Lage verhandelt der Anwalt das Abschiedsgeld.

Hier will jemand nicht vom Hof gejagt werden, sondern erhobenen Hauptes gehen und noch mal Bedingungen diktieren. Der RBB-Rundfunkrat wird auf seiner heutigen Sondersitzung klären müssen, inwieweit er die kaum verklausulierte Idee eines Zehrgeldes (Pensionsansprüche mitberücksichtigt) konkret bewertet. Es bräuchte hier aber auch ein Konzept für vertrauensbildende Maßnahmen beim Rundfunkbeitragszahler nach Schlesingers Doppel-Abgang (als Chefin des RBB und zuvor der ARD).

Was die Sache erschwert: Der Sender ist chronisch finanz- und quotenschwach. Auf den Schleudersitz des Intendanten setzt sich der bisherige Stellvertreter, Verwaltungsdirektor Hagen Brandstäter, 63.

Und dann ist da noch der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, ein Name, so lang wie die Tradition des Beratergremiums, das vor fast 60 Jahren von Ludwig Erhard in die Republik gepflanzt wurde. Misslich nur, dass in den vergangenen vier Monaten aufgrund politischer Querelen nur drei statt der vorgesehenen fünf „Wirtschaftsweisen“ aktiv waren. Nun ist die Lücke geschlossen. Am Mittwoch wird im Bundeskabinett die Berufung zweier Ökonomen festgezurrt.

Damit sind die ausgeschiedenen Topökonomen Lars Feld und Volker Wieland ersetzt sowie zwei Innovationen zu beobachten. Erstmals wird man künftig quer über den Atlantik über aktuelle Fragen und das Jahresgutachten konferieren, „Remote Work“ macht’s möglich. Eine Premiere ist auch die weibliche Mehrheit im Rat. Aus dem Kreis der etablierten Kräfte werden entweder Wettbewerbsökonomin Monika Schnitzer, 60, oder Energieexpertin Veronika Grimm, 50, den Vorsitz übernehmen.

Zweiflern an so viel Disruption kann mit Albert Einstein geantwortet werden: „Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und trotzdem zu hoffen, dass sich etwas ändert.“

Ich wünsche Ihnen einen innovativen Start in die Woche.

Es grüßt Sie herzlich Ihr Hans-Jürgen Jakobs Senior Editor

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