Kahrs (SPD) bunkerte 214.800 Euro! Details zu erstaunlichem Schließfach-Fund - Hamburger Abendblatt

2023-02-22 18:35:03 By : Ms. Lisa Tan

Johannes Kahrs, früher SPD-Bundestagsabgeordneter, hortete eine sehr hohe Summe Bargeld in seinem Haspa-Schließfach. Gibt es einen Zusammenhang zu den Cum-Ex-Geschäften der Warburg-Bank?

Foto: Mark Sandten / Funke Foto Services

Der SPD-Mann hatte sich für Warburg eingesetzt, nun machen Fahnder bei ihm einen erstaunlichen Fund. Die Summe wirft Fragen auf.

Hamburg.  Der Schlüssel, den die Ermittler am 28. September 2021 in der Wohnung des langjährigen SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs in St. Georg fanden, war unscheinbar. Ein Schließfachschlüssel eben. Wenig später aber führte dieser kleine Schlüssel die Beamten, die im Auftrag der Staatsanwaltschaft Köln unter anderen bei Kahrs, einer Finanzbeamtin und in der seit 2011 von SPD-Senatoren geleiteten Finanzbehörde am Gänsemarkt durchsuchten, zu einem erstaunlichen Fund. Dafür mussten sie nur ein paar Hundert Meter weitergehen, zur Filiale 230 der Hamburger Sparkasse, Lange Reihe 14.

Um 14.15 Uhr sprachen die Beamten beim Filialleiter vor und wurden nach Klärung einiger formaljuristischer Fragen in den Keller der Bank und dort in den extra gesicherten Raum mit den Schließfächern geleitet. Mit dem bei Kahrs gefundenen Schlüssel öffneten sie dessen Fach mit der Nummer 10606 und die darin liegende rechteckige Plastikschatulle. Die Menge der Geldscheine, die die Beamten darin fanden, war so groß, dass sie sie nicht mit der Hand zählen wollten, sondern eine Geldzählmaschine der Haspa einsetzten.

Ergebnis: Der langjährige Chef der SPD-Hamburg-Mitte hatte in seinem Bankfach exakt 2055 100-Euro-Scheine gebunkert, dazu vier 200-Euro-Noten und 17 500-Euro-Scheine. Das macht in der Summe 214.800 Euro. Zusätzlich fanden die Ermittler in Kahrs Schließfach 24 100-Dollar-Scheine. Nach dem Zählen des Geldes legten sie es wieder zurück in das Fach und nahmen den Schließfachschlüssel zu den beschlagnahmten Objekten.

All das geht nach Abendblatt-Informationen aus Unterlagen hervor, die Mitgliedern des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) vorliegen. Der PUA untersucht derzeit, warum Hamburg der Warburg-Bank zunächst eine Steuerrückforderung von 47 Millionen Euro erließ, die im Zusammenhang mit illegalen Cum-Ex-Geschäften fällig gewesen wäre. Zuerst hatte „Bild“ am Wochenende über den bisher nicht bekannten Geldfund im Kahrs-Schließfach berichtet.

Die hohe Summe im Bankfach des langjährigen SPD-Bundestagabgeordneten, der 2020 alle Mandate und Ämter niedergelegt hatte, wirft angesichts des Kontextes Fragen auf, die nicht nur Kahrs selbst, sondern auch die Hamburger SPD, Bürgermeister Peter Tschentscher und Bundeskanzler Olaf Scholz (beide SPD) betreffen könnten. Denn die Staatsanwaltschaft hatte bei Kahrs und Ex-SPD-Senator Alfons Pawelczyk im September 2021 wegen des Verdachts der Begünstigung im Zusammenhang mit illegalen Cum-Ex-Geschäften von Banken durchsucht.

Beide Genossen hatten sich für die Warburg-Bank starkgemacht, der aufgrund von Cum-Ex-Geschäften eine Steuerrückforderung von 47 Millionen Euro drohte. SPD-Bürgermeister Scholz traf sich trotz bereits laufender Ermittlungen mehrfach mit dem damaligen Warburg-Chef Christian Olearius, schließlich verzichtete die Stadt auf die Millionen-Rückforderung.

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Derzeit versucht der PUA aufzuklären, ob führende Politiker wie Scholz oder der damalige Finanzsenator und heutige Bürgermeister Tschentscher Einfluss auf diese Entscheidung nahmen. Belege hatte es dafür bisher nicht gegeben. Zuletzt aber war ein privater Chat der in der Sache entscheidenden Finanzbeamtin P. bekannt geworden, in dem diese nach dem Erlass der Steuerforderung an Warburg schrieb, ihr „teuflischer Plan“ sei aufgegangen.

Bereits 2020 hatte das Abendblatt aufgedeckt, dass die Hamburger SPD im Jahr 2017 45.500 Euro von der Warburg-Bank und Tochterunternehmen erhalten hatte. Der Großteil war an die damals von Kahrs geführte SPD Mitte gegangen, ein kleinerer Teil an die Landes-SPD. Deren Vorstand hatte der Geldannahme zugestimmt, angeblich habe man nicht gewusst, was es mit dem Geld auf sich habe, hieß es später. Bis heute hat die SPD das Geld offenbar nicht zurückgezahlt. Kahrs war am Sonntag für eine Stellungnahme zum Fund der großen Bargeldsumme nicht erreichbar.

„Die neuen Funde sind weitere deutliche Belege für die Einflussnahme von Scholz und Tschentscher sowie der SPD auf das Verfahren“, sagte PUA-Schriftführer Richard Seelmaecker (CDU) dem Abendblatt. „Die vielen Gespräche, die Herr Kahrs und Herr Pawelczyk im Sinne der Warburg-Bank geführt haben, sind am Ende wohl gegen Entgelt erfolgt.“

Auch für den früheren Hamburger Linken-Bundestagsabgeordneten Fabio De Masi, der Scholz auch im Bundestag zu dem Thema befragte, steckt in dem Geldfund „Sprengstoff“ für den Bundeskanzler. Dieser müsse Kahrs auffordern, die Herkunft des Geldes offenzulegen. „Wenn er nichts zu verbergen hat, muss er die Herkunft der Gelder nachweisen“, sagte De Masi dem Abendblatt.

„Schweigt Kahrs hingegen unter Verweis auf die laufenden Ermittlungen gegen ihn zur Warburg-Affäre weiter, ist es auch das Problem des Bundeskanzlers. Denn dann ist davon auszugehen, dass die Gelder im Zusammenhang mit Warburg stehen. Kahrs Leistung für Warburg bestand aber unter anderem darin; den Kontakt zu Scholz herzustellen. Wenn es keinen politischen Einfluss auf das Steuerverfahren gab, für welche Leistung hat Warburg dann gespendet?“

Hinzu kommt ein weiterer Verdacht der Staatsanwaltschaft Köln: Sie vermutet, dass in der Hamburger Finanzverwaltung und der Finanzbehörde gezielt Mails gelöscht worden sein könnten. So sei es auffällig, dass rund um wichtige Ereignisse keine Mails zum jeweiligen Vorgang mehr existierten. Es sollen Postfächer führender Mitarbeiter bei der Durchsuchung im vergangenen Jahr quasi leer gewesen sein, heißt es. Bei untergeordneten Mitarbeitern habe man dagegen Mails auch von Vorgesetzten gefunden, die bei diesen selber nicht mehr vorhanden gewesen seien.

Angesichts der jetzt von der Staatsanwaltschaft Köln gelieferten mehr als 500 Seiten Ermittlungsunterlagen, des Chats zu einem „teuflischen Plan“, dem Vertuschungsverdacht und dem hohen Bargeldbetrag bei Kahrs fordert die Opposition nun die Verlegung der für kommenden Dienstag und Donnerstag geplanten Anhörung von früheren Finanzbeamten – und der für den 19. August geplanten erneuten Aussage von Olaf Scholz vor dem PUA. Man brauche mehr Zeit für die Sichtung der Unterlagen.

Die SPD lehnt das ab. „Es gibt nur wenige Fragen, die man diesen Zeugen jetzt stellen muss, und das kann man ohne Weiteres vorbereiten“, sagte SPD-PUA-Obmann Milan Pein am Sonntag. „Die anderen Punkte betreffen Personen, die gar nicht als Zeugen geladen worden sind.“

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